Euer Antifaschismus kotzt mich an

Ich hatte am Wochenende ein paar sehr interessante Erlebnisse.

Wir waren am Samstag beim Spiel SSV Stötteritz gegen Roter Stern. Nun muss man sagen, dass ich es nicht gut finde, dass einer der Ordner von Stötteritz mit Lonsdale-Pulli in einer Gruppe pöbelnder Jugendlicher stand und sich drauf freut „wenn’s nachher knallt“. Aber das ist ja nicht so, als könnten sich alle „Fans“ vom Roten Stern gleich ordentlich benehmen. Ist ja aber auch klar, wenn man schon vor Ende der ersten Halbzeit so viel getrunken hat, dass man nicht mehr geradeaus laufen oder reden kann. Insgesamt bin ich mir nicht sicher, ob das so sein muss. Bei den Stötteritzern hing kein Transparent und keine Flagge. Aber der Rote Stern ist mit Israel-Flagge und zwei großen Transparenten (die keiner bis auf die Spieler gesehen hat) angerückt. Aber so konsequent, dass sich jemand mit Pali-Tuch vor die Israel-Flagge gesetzt hat, war das dann doch noch.

Die Frage, ob und wie man diesen Staat unterstützen darf und was der Staat noch mit dem Volk zu tun hat, soll an einer anderen Stelle gestellt werden.

Jedenfalls Rückt der Rote Stern in drei- bis vierfacher Überzahl (nicht auf dem Platz sondern daneben) an und als das Spiel nicht so läuft, lachen und kreischen sie über jede verpatzte Situation der Stötteritzer. Auf dem Platz ein faires Spiel. Neben dem Feld der reinste Kindergarten.

 

Abends waren wir zu einer Geburtstagsparty eingeladen und warteten an der Haltestelle Köhlerstraße auf die Straßenbahn. Wie aus dem Nichts rennen an uns zwei vermummte Jugendliche vorbei und laufen auf einen an der Haltestelle sitzenden glatzköpfigen Herren und seine Freundin zu, schlagen und treten drei vier mal zu, rufen „scheiß Nazis“, werfen ihren Einkauf runter und sind wieder weg – schneller als man dazwischengehen kann.
Es ist nichts weiter passiert, den beiden ging es, anders als ihrem Einkauf, so weit gut.

 

Und dann haben wir das hier, wo es nur eine Frage der Zeit ist, bis es bei einem Anschlag zu verletzten unter Kunden und Angestellten kommt. Da werfen die doch glatt während der Regulären Öffnungszeiten ein bengalisches Feuer in den Verkaufsraum. Da könnte man auch intelligenter Protest üben. Es kostet fast nichts, einfach mal die Burger-King-Werbung intelligent zu überkleben oder einen Sitzstreik zu organisieren oder einfach vor der Filiale Flyer über die Geschäftspraktiken des Unternehmens verteilen und ein paar Meter weiter an den Burgermeister verweisen (aber Gewalt fängt ja dort an, wie die Argumentationsfähigkeit aufhört). So wie es jetzt ist, müsste man aus Solidarität eigentlich glatt einen Big-King Extra mit Bacon essen gehen.

Und das alles nennt sich dann in Leipzig Antifaschismus? Wir hatten mal eine Zeit, da hieß Antifaschismus trotz der Gefahr einfach nur weiterdrucken oder weiterdemonstrieren oder einfach nur weitersein. Aber diese Menschen entehren all das, wofür Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gestorben sind. Auch die wussten, wie so viele Deutsche Antifaschisten, dass man die Bevölkerung davon überzeugen muss, dass die Linke Sache die richtige Sache ist und dass man über die Verbrechen der Faschisten aufklären muss anstatt des nachts Bürger zu überfallen, denn das ist der Sache nicht zuträglich.

Das ist nichtmal Links. Das ist noch zu blöd um als „dumm“ bezeichnet zu werden. Und ich weiß auch, wer das in meiner Partei stützt und damit nicht besser ist als die, die damals „Tötet Liebknecht!“ plakatiert haben.

Dieser Antifaschismus kotzt mich an und das ist nicht mein Antifaschismus. Marx schreibt vom gewaltsamen Sturz der Bourgeoisie, die sich offensichtlich in der beim Burger-King arbeitenden alleinerziehenden Mutter und dem tattowierten und gepiercten Pärchen an der Haltestelle manifestiert hat. Wie die Zeiten sich ändern.

Und ihr glaubt ernsthaft, man kann den Großteil der Bevölkerung davon überzeugen, dass man für eine gerechte und gute Sache kämpft, wenn man vermummt fremde Leute verprügelt und Bürger gefährdet? Es ist doch egal, wessen Mercedes und wessen Schnellrestaurant ihr anzündet wenn die Familie, die neben dem Parkplatz wohnt, die Kassiererin, die nur ihre Familie versorgen will, wegen Rauchvergiftung ins Krankenhaus muss.

Euer Antifaschismus kotzt mich an!