Eine ganze Generation schaut nach Berlin

Wenn du – wie ich – zwischen 20 und 30 bist und nicht in Berlin wohnst, hast du garantiert einen Schul- bzw. Jugendfreund der nach Berlin gezogen ist – wahrscheinlich sind es aber sogar mehrere. Und das beschäftigt unsere Generation. Das beschäftigt unsere Generation so sehr, dass Bands von Musikern unseres Alters das in Liedform packen.

https://www.youtube.com/watch?v=K0rEQHbo7PQ


Berlin | Creative space. Free your mind
Doch schauen wir uns die Texte näher an. Kraftklub lehnt Berlin ab, allein schon aus trotz, dass alle nach Berlin wollen. Typisch für Kraftklub in ihrer Mentalität als Punkband.

Doch auch wenn andere Städte scheiße sind..
Ich will nicht nach Berlin!
Und ich damit komplett alleine bin..
Ich will nicht nach Berlin!
Auch wenn dort alle meine Freunde sind..
Ich will nicht nach Berlin!
Will ich nicht nach Berlin!
Ich will nicht nach Berlin!

Aber zentral macht sich Kraftklub über das hippe Leben in Berlin lustig. Der alte Witz über den Apple-User der im Starbucks Projekte macht.

Bloß kein nine to five job – No-Go! – find ich ja mega ätzend!
Genau, ich mach einfach einen Fashion Blog – geil!
Und laufe dann mit meiner Spiegelreflex durch Friedrichshain
und mache Fotos, von „Streetart“ und intressanten Leuten
Hauptsache hier in Berlin!

Was glauben wir also in Berlin zu finden, was wir in unserer Heimatstadt nicht finden können? Vielleicht gibt Jupiter Jones etwas Auskunft. Auf jeden Fall zeigt Jupiter Jones mehr Trauer um die Freunde, Menschen, die nicht mehr bei einem sind.

Und wo sind all die Mädchen?
Wo sind all die Freunde hin?
Die das eingegrabene Städtchen,
bepinselt haben mit Sinn.
Sie suchen nach dem Glück,
in Berlin.

Man sucht irgendwo nach dem Sinn, nach etwas, was man wirklich machen will.

So viele Stunden auf dem Kerbholz,
so viele Tage im Gepäck,
so viele Jahre schneller Stillstand,
jagt ihr weiter nach dem Zweck?
Eure Häuser sind jetzt Heimat,
für ein paar Menschen, so wie ihr.
Nur der Unterschied bleibt winzig,
Ihr sucht da, wir suchen hier.

Jupiter Jones fehlen diese Menschen. Sie haben die Heimat zu dem gemacht, was sie ist. Und jetzt ist es alles nicht mehr so, wie früher.

Und spart euch die Geschichten,
ich trag meine tief hier drin.
Ihr habt nur ein paar mehr Statisten,
wo ich oft alleine bin.
Wir sehen uns irgendwann,
in Berlin.

Jupiter Jones hegt doch Zweifel, ob in Berlin das zu finden ist, was dort gesucht wird. Ob man in Berlin Dinge findet, einen Lebenssinn – kein Acht-Stunden-Büro-Job – weiß keiner. Aber vielleicht schauen wir mal auf die andere Seite – zu Axel Bosse. Axel Bosse ist in Braunschweig geboren aber aus der Berliner Musikszene nicht mehr weg zu denken. In seinem Song „3 Millionen“ singt er ein wenig über das Leben in einer so großen Stadt.

In deiner Stadt leben über 3 Millionen
Und du bist heute Nacht unterwegs
Um zu schauen ob unter diesen 3 Millionen
Jemand ist der dich versteht
Jemand ist der dich versteht

Denen die gehen, wünsche ich alles Gute. Aber vielleicht ist nicht alles Gold was glänzt. Und vielleicht findet man in Berlin nicht, was man sucht.

Ich glaube der Grund, dass es uns nach Berlin zieht, ist die Unzufriedenheit mit den Arbeitsmöglichkeiten für Menschen unseres Schlages. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt in Deutschland angeblich bei etwas unter 10%. Das wird in den nächsten Jahren nicht besser werden. Aber selbst wenn wir Arbeit finden, sind wir in einem Job, für den wir  überqualifiziert sind.

Wir müssen Flexibel sein und uns von unseren lieben trennen und dürfen an einem regulären Arbeitsplatz trotzdem nicht im Facebook surfen. Die (reale) Arbeitslosenquote steigt und steigt und trotzdem werden Überstunden immer mehr zur Regel oder Pflicht. Mich wundert es nicht – nehme mich ja selbst nicht raus – dass meine Generationen nach anderen Wegen sucht, sich das Brot auf den Teller zu verdienen. Dass eine reguläre Arbeit nichts für uns ist, sieht man doch gerade an der Menge junger Menschen die von „Projekt zu Projekt“ leben, als Freelancer hier mal Das machen, dort mal was Anderes. Vielleicht wäre ein regulärer Job viel besser, einfacher, ertragreicher. Aber zu welchem Preis?

Dann suchen wir doch lieber in der ganzen Welt nach dem Job, der uns ohne Chef die kreativen Freiräume bietet, uns selbst zu verwirklichen. Vielleicht in Berlin. Vielleicht in Taiwan, Island oder Südafrika – am anderen Ende der Welt. Aber Berlin ist trotzdem noch am nächsten.

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