Demokratieverständnis in Europa und Kapitalfaschismus

Ich bin wieder mal unglaublich sauer. Unglaublich sauer über Lügen und über Heuchelei. In Einem scheinen wir besonders gut zu sein: mit zweierlei Maß messen.

Der 29-Jährige Mark Duggan wird in London erschossen. Nachdem sich die Polizei zwei Tage lang weigert, ein Statement abzugeben, nicht mal gegenüber den Angehörigen des Familienvaters, gehen die Demonstrationen unter den perspektivlosen jungen Leuten los. Diese jugendlichen, die vom Staat 50€ die Woche (42 Pfund) bekommen, können davon nicht leben. Natürlich artet das in Gewalt aus.

Ein junger Mann im Interview auf die Frage, ob die Ausschreitungen in der Form etwas nützen:

„Yes, You wouldn’t be talking to me now if we didn’t riot, would you? Two months ago we marched to Scotland Yard, more than 2,000 of us, all blacks, and it was peaceful and calm and you know what? Not a word in the press. Last night a bit of rioting and looting and look around you.“

Und die Britische Regierung entzieht sich jeder Verantwortung. Cameron kommt aus seinem Urlaub zurück, nicht um soziale Reformen, sondern harte Strafen und den Einsatz von Wasserwerfern zu versprechen.

Dann kommt raus: Duggan hat gar nicht, wie zuerst von der Polizei behauptet, zu erst geschossen. Er hat gar nicht geschossen. Die Kugel in dem Polizei-Walkie-Talkie kommt aus einer Polizei-MP5. Vertuschung? Hätte es überhaupt eine Untersuchung gegeben ohne diese Ausschreitungen. Die Polizei hat kein Statement, auch wieder nicht für die Hinterbliebenen.

Und jetzt melden sich Menschen zu Wort, denen wir sonst gar nicht zuhören: Gaddafi sagt genau das, was wir die ganze Zeit über ihn sagen:
„Cameron and his government have lost all legitimacy. These demonstrations show that the British people reject this government which is trying to impose itself through force.“

Aber Gaddafi ist nicht der einzige vom Westen unfair behandelte, der sich zu Wort meldet.

Auch Ahmadinejad (Iran) und Mugabe (Zimbabwe) haben sich gegen die Brutalität, mit der die Britische Polizei vorgeht, ausgesprochen. Mugabe wünscht den Briten, dass sie ihre Brände schnell gelöscht bekommen und sich dann um ihre eigenen sozialen Probleme kümmern, anstatt in seinem Land Sanktionen zu erheben und sich einzumischen.

„Britain I understand is on fire, London especially and we hope they can extinguish their fire, pay attention to their internal problem and to that fire which is now blazing all over and leave us alone. We do not have any fire here and we do not want them to create unnecessary problems in our country.“

„Arab Revolution“ ist gut – der Weg zur Demokratie. Aber in Deutschland bereitet man sich auf die Niederschlagung von Demonstrationen vor. Die Briten schlagen schon fleißig nieder.

Und was sagt Cameron über die, die sich kein ordentliches Paar Schuhe leisten können?

The riots had shown „pockets of society“ were not just broken „but frankly sick“. He said the root cause was „mindless selfishness, and „complete lack of responsibility in our society.“

Das macht mich krank!

 

Und zum Glück lenkt uns diese Story so sehr ab, dass wir doch glatt die zehntausenden Afrikaner vergessen, die zur Zeit Hunger leiden. Und wer hätte es gedacht: wir, die westliche Welt, sind auch noch dran schuld. Überrascht mich jetzt nicht allzu sehr.

‎“So viel Hedgefunds, wie man nur essen kann“
Westliche Hedgefunds besitzen 150Mio Hektar Ackerfläche in Afrika, wobei vertraglich entweder 80% in den Export gehen oder die Fläche brach liegt.

Gut zu wissen, dass die Afrikaner wegen uns Hunger leiden. Das gibt dem Raubtierkapitalismus doch gleich ein freundlicheres Gesicht.

Und dann regt sich nochmal einer auf, dass es Menschen gibt, die uns wegen unserer westlichen Lebensweise hassen…

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